Neben dem Ordnungsamt Duisburg (Duisburg testet Body-Cams — NetCo Professional Services GmbH) verwendet auch die Stadt Bonn bereits Body-Cams. Sascha Hessenbruch, Ableitungsleiter für Ordnungswidrigkeiten und Stadtordnungsdienst bei der Stadt Bonn, hat mit NetCo über den Einsatz der Kameras beim Stadtordnungsdienst Bonn und die deeskalierende Wirkung einer Body-Cam mit Frontdisplay gesprochen.
Herr Hessenbruch, Sie betreuen das Projekt „Body-Cam“ für den Stadtordnungsdient in Bonn. Seit wann sind die Kameras bei Ihnen im Einsatz?
Bei uns in Bonn verwenden wir seit Anfang Juni 2022 insgesamt 40 Body-Cams. Per Ratsbeschluss sind wir dazu verpflichtet, diesen Einsatz nach einem Jahr – also im Juni 2023 ‑zu evaluieren.
Warum haben Sie sich für den Einsatz von Body-Cams entschieden?
Bereits in unserem Ratsbeschluss im Jahr 2020 wurde entschieden, Body-Cams zum Schutz unserer Einsatzkräfte anzuschaffen. Zu diesem Zeitpunkt gab es in NRW noch keine rechtliche Grundlage, um Body-Cams zu nutzen. Es war lediglich ein Teil der politischen Diskussion. Wir waren in Bonn also schon früh in der Planung. Die rechtliche Änderung im Ordnungsbehördengesetz kam dann erst im Sommer 2021. Daraufhin haben wir den Beschluss — so schnell wie es mit einem Beschaffungsverfahren möglich ist - umgesetzt.
Inwiefern hilft gerade der Frontdisplay Ihren Einsatzkräften?
Wir stellen tatsächlich eine deeskalierende Wirkung fest. Es sind sich nicht alle einig darüber, ob der Frontdisplay tatsächlich diese Wirkung hat, aber wir nehmen das so wahr: In dem Moment, in dem das Frontdisplay eingeschaltet wird, zeichnet die Kamera ja noch nicht auf, sondern ist nur in einem Betriebsmodus. In diesem hilft sie wahrhaftig dabei, Situationen zu deeskalieren, wenn sich das Gegenüber selbst im Display sieht. Es deeskaliert also die Situation im Ganzen, insbesondere das Verhalten des Gegenübers.
Das heißt, bei Ihnen kommt es nur in seltenen Fällen zu einer Body-Cam Aufnahme?
Genau, dazu kam es bisher nur sehr selten. Vielleicht hatten wir 2 oder 3 Fälle, in denen die Body-Cam die Situation tatsächlich aufgezeichnet hat, aber viel mehr wird es nicht gewesen sein. In den meisten Fällen reicht es aus, den Body-Cam Frontdisplay einzuschalten.

Wie kommt die Body-Cam bei Ihren Einsatzkräften an?
Immer besser, aber das ist ja bei allem, was neu ist, ein Prozess.
Wir haben die Body-Cam vor allem in zwei Bereichen im Einsatz: Das ist zum einen unser Streifendienst (Stadtordnungsdienst) und zum anderen die Wache GABI, die wir zusammen mit der Polizei betreiben. Auf der Wache GABI wurde die Body-Cam anfangs etwas mehr genutzt als im Stadtordnungsdienst, weil die Einsatzkräfte dort auch mit anderen Situationen konfrontiert sind. Mittlerweile wird die Body-Cam aber von allen sehr rege genutzt, die meisten haben nun auch ihre Schulung absolviert.
Unsere Body-Cams sind nicht personalisiert, sondern wir haben sie jeweils in einem Pool. Selbstverständlich müssen wir immer mal wieder ein bisschen nachsteuern, um die Handhabung der Body-Cams für die KollegInnen so unkompliziert wie möglich zu gestalten. Je umständlicher das ist, desto öfter wird die Body-Cam einfach stehen gelassen und nicht benutzt. Deswegen haben wir in der Handhabung und im Tragekomfort – Stichwort Halterungen – nachgearbeitet und mittlerweile funktioniert es gut.
Wie reagieren die Bonnerinnen und Bonner auf die Body-Cams und den Frontdisplay?
Die reagieren ehrlich gesagt gar nicht. Wir sind mit dem Anschaffungsvorhaben der Body-Cams sehr offen umgegangen und haben sehr breit informiert. Seit unserem Pressetermin am 03.06. dieses Jahr sind die Body-Cams im Einsatz. Die örtlichen Zeitungen – die Lokalzeit, das WDR, das Radio – waren hier bei uns, haben unsere Einsatzkräfte begleitet, haben sich informiert, haben wiederum die LeserInnen, ZuschauerInnen, HörerInnen informiert. Seitdem gibt es so gut wie keine Reaktionen aus der Bevölkerung. Was ab und an schonmal vorgekommen ist, ist, dass Menschen sagen „Ja, das ist eine gute Sache, dass ihr mit den Body-Cams unterwegs seid“, aber eine negative Reaktion habe ich nicht gehört. Es geht ja auch schließlich darum, bestimmte Einsatzsituationen zum Schutz von Einsatzkräften zu dokumentieren. Viele haben festgestellt, dass es diese Einsatzsituationen tatsächlich gibt und dass man dementsprechend auch die Mitarbeitenden schützen muss.
Viele haben Datenschutzbedenken. War das bei Ihnen auch so vor der Anschaffung der Body-Cams?
Nein, der Datenschutz war gar kein großes Thema bei uns. Wir sind öfter damit konfrontiert, dass Datenschutzthemen von außen an uns herangetragen werden, aber bei den Body-Cams ist das noch nicht passiert. Das Thema Datenschutz ist für eine Ordnungsbehörde – zumindest in NRW – deutlich weniger spannend, denn schlussendlich gibt es auch eine klare gesetzliche Grundlage dafür. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind im Ordnungsbehörden- bzw. im Polizeigesetz verankert, mit der Folge, dass wir uns weniger Gedanken machen müssen als beispielsweise die KVB oder andere Privatunternehmen. Und von daher stellt das auch niemand in Frage.
Intern haben wir datenschutzrechtliche Fragen natürlich trotzdem betrachtet: Wer kann Aufnahmen sehen und bearbeiten? Kann das möglicherweise arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, wenn bestimmte Dinge aufgezeichnet werden? Der Zweck einer Body-Cam Aufnahme – nämlich ein ordnungsbehördlicher Zweck — ist aber sehr klar umrissen, deswegen stellt der Datenschutz auch hier kein Problem dar. Wir haben zu allen Fragen ein klares Berechtigungskonzept und unser Softwaresystem ist ebenfalls datenschutzkonform.
Vielen Dank für das Interview, Herr Hessenbruch!
Zur Person:
Sascha Hessenbruch ist Abteilungsleiter für allgemeine Ordnungswidrigkeiten, Verkehrsordnungswidrigkeiten, Stadtordnungsdienst und die Gemeinsame Anlaufstelle Bonn Innenstadt (Wache GABI — Ordnungspartnerschaft zwischen Landespolizei und Ordnungsamt) bei der Stadt Bonn. Somit ist er auch der Ansprechpartner, wenn es um das Thema Body-Cam geht.
Auf der nächsten NetCo Body-Cam Konferenz am 14. Juni 2023 in Köln (2. Body-Cam Konferenz — Jetzt Tickets für die nächste Konferenz sichern (netco.de)) hält er einen Vortrag über die Body-Cam Evaluation des ersten Jahres beim Stadtordnungsdienst Bonn.